Die Entdeckung der Gelassen(heit)erkeit.

In der Region Murtal versteckt sich mit den Seckauer Alpen und dem Seitental "Gaal" eine ruhige Oase mit schönen Bergen und stiller Natur. Hier kommt man nicht hin, sondern runter.

Das Murtal ist eine Region der Kontraste. Das spüren wir auch bei unserer Anreise in ein Seitental, das wohl nur wenige jemals auf dem Schirm hatten: Die Gaal in den Seckauer Alpen. Rund 1.300 Seelen leben hier, ebenso wie in der Nachbargemeinde Seckau. Die Beschaulichkeit dieser bäuerlich geprägten Region verstärkt sich durch die unmittelbare Nähe zum Red Bull Ring. Es ist Frühsommer und rund um das Motorsport Eldorado, das nicht vom Getränkekonzern, sondern von der Stiftung des Gründers Didi Mateschitz betrieben wird, herrscht Hochbetrieb. Nächste Woche findet das Formel 1 Rennen statt und das Murtal ist bis auf das letzte Zimmer ausgebucht. Eine Woche Ausnahmezustand, von dem man nichts mehr erahnt, wenn man durch die kleine Waldstraße in die Gaal abtaucht.

Eingebettet zwischen Feldern und einem kleinem Wäldchen steht das Ensemble des Lorettohofs in exklusiver Ruhelage. Ein ehemaliges Gutshaus mit hohen Decken und viel Geschichte.

Unser Basislager ist der Lorettohof, ein einzigartiges Gebäude mit bunter Geschichte, das von Josef Steiner und Ana Malle geführt wird. 

 

Mit viel Leidenschaft und Handarbeit haben sie das leerstehende Gebäude in wenigen Monaten zu einem regionalem Leuchtturm entwickelt — zumindest in unseren Augen. In der Gaal so ein Investment zu tätigen und das Potential des Standortes zu erkennen, dazu braucht es Phantasie und Optimismus. Oder: Das Wissen darüber, das Stille an Wert gewinnt. 

Wir sitzen auf der Terrasse des Lorettohofs und lassen uns auf diese Langeweile ein. Einfach nicht wieder wohin wollen. Hier sein. Immer wieder plätschern Einheimische herein und trinken Kaffee oder Bier, tauschen sich aus und verschwinden wieder. Die Gespräche sind gelassen und heiter. Die Ruhe des Tals prägt auch die Menschen und ihre Kultur. Am Feld arbeitet der Bruder von Josef und holt das Heu ein, das in der Saharastaub durchtränkten Wärme des Sommertags schnell getrocknet ist. Die Strohballen liegen wie Billardkugeln auf dem grünen Feld. Wir spüren wie wir uns auf die Gemächlichkeit einschwingen und bestellen ein zweites Bier von der regionalen Brauerei Thalheim, die einst der Red Bull Gründer, Didi Mateschitz, gegründet hat. Ein Bier das Wasser einer alten Heilquelle verwendet. Es heilt jedenfalls unseren Durst hervorragend und wir setzen das Nichtstun zufrieden fort. 

Am Nachmittag fahren wir über kleine Straßen zwischen saftigen Feldern nach Seckau. Bei der Ortseinfahrt spielen schöne Pferde frei auf der Koppel, während die Wäsche zum Trocknen an die Leine muss. Ein alter Peugeot wird von der Natur assimiliert und über dem Marktplatz wehen fröhlich die Fahnen des Maibaums.  Die Marktgemeinde liegt auf einem Sonnenplateau und hat sich rund um die mächtige Benediktiner Abtei entwickelt, in der heute eine Schule, ein Museum und eine Destillerie untergebracht sind. Die ruhige Anmutung wird vom unbeschwerten Geschnatter der SchülerInnen durchbrochen, die in den offenen Kreuzgängen auf die nächste Unterrichtsstunde warten, währenddessen unten Trauergäste einer Beerdigung eintreffen. Dieses Nebeneinander irritiert kurz, bevor es seine Schönheit entfaltet. Das ist Leben.

Wir spazieren zum gegenüberliegenden Hofwirt und suchen unter den alten Kastanienbäumen Abkühlung, deren Geschichten wir gerne hören würden. 

 

Die örtliche Musikkapelle trinkt „ein“ kühles Bier und stimmt sich unaufgeregt auf das Spielen des Trauermarsches als letztes Geleit ein. Wieder diese gelassene Heiterkeit. Was für StädterInnen wie ein inszeniertes Schauspiel wirken muss, nennt man hier einfach Alltag.

Der Hofwirt wurde ebenso von Didi Mateschitz für seine Tauroa Gruppe hochwertig renoviert. Als Kind der Region hatte er große Leidenschaft für das Bewahren der örtlichen Kultur und so wurde großen Wert auf qualitative Authentizität gelegt. Wir wollten nach einem Kaffee eigentlich weiter fahren, doch die Zeit verfliegt und plötzlich essen wir ein grandioses Schnitzel aus regionalem Fleisch, natürlich in Butterschmalz gebacken, während ein stolzer Schwarm an Oldtimer- Hähnen auf ihren Puch Motorrädern zum Boxenstop einfährt. Neben sitzen die Pensionisten des Ortes und erzählen Geschichten von Damals, einen Tisch weiter macht das Priesterseminar Mittagspause. Wir können nicht weg. Bitte noch ein Bier. 

Am nächsten Tag fahren wir zum Ingeringsee am Talschluss. Ein zwischen Wald und Bergen eingebetteter See. Selbst im Hochsommer ist es hier beschaulich ruhig, schwimmen und Boot fahren ist verboten und es fehlt (zum Glück) ein Restaurant, dass Busreisen anziehen würde.

Es ist verdammt schwül, dennoch laufen wir unsere Runden am See und entlang seines rauschenden Zuflusses und erspähen dabei spannende Gipfel für den Wanderherbst. Es ist kitschig schön, wir verbrennen das Schnitzel vom Vortag und kühlen uns im Abschluss beim Abfluss des Sees im Bach ab. Pure Naturkraft und ein Geheimtipp für LäuferInnen. 

Am Nachmittag besuchen wir das Käfer Museum. In einem alten Landwirtschaftsgebäude bemüht sich Initiator Arnold seit vielen Jahren um eine liebevolle Ausstellung rund um das Kult-Fahrzeug. Mit viel Herz und wenigen Mitteln. Die ganze Familie hilft mit und wir zahlen gerne den Eintritt mit der Hoffnung, das Projekt findet neue Unterstützung, um auch wieder das beliebte, jährliche Käfertreffen zu organisieren. 

Irgendwie liegt der Region Murtal die automobile Leidenschaft im Blut. Neben dem Red Bull Ring gibt es in der Stadt Judenburg auch ein Puch Museum für LiebhaberInnen alter Fahrzeuge. 

 

Wer kann es ihnen verdenken, in einer Region, die wie geschaffen dafür ist, mit viel Gelassenheit und offenem Verdeck durch die Gegend zu cruisen, die von toxischem Massentourismus verschont geblieben ist. Sie ist echt und kontrastreich. Oder wie der Slogan des Tourismusverband es ausdrückt: Die Mischung macht’s. 

Zum Finale essen wir Burger am Lorettohof und lassen nochmals diese gelassene Heiterkeit auf uns einwirken und wir spüren: Wir kommen gerne wieder. 

Komm mit auf unsere Reisen. Wird super. Versprochen!