Hotel Hinteregger in Matrei

Die bestechende Schönheit eines ganzheitlichen Konzeptes im Einklang mit der Umwelt.

„Eigentlich war dieser Teil des Hotels mit den neuen Zimmern, die den wunderbaren Namen „Zirbennester“ tragen, einmal ein Lichtspielhaus“, erzählt uns Katharina Hradecky, die Chefin des Hotels Hinteregger. Und auch heute ist das hier großes Kino, wenn man in den nach Holz duftenden Zimmern steht und durch die Öffnungen der modernen, fast schon außerirdisch wirkenden Sichtschutz-Verkleidung auf die Berge Richtung Felbertauern blickt. Dass nicht alle im Ort von so viel Progressivität begeistert sind, spricht für die mutige Gestaltung des Neubaus. 

Matrei in Osttirol, eine Region, die Neues dringend brauchen kann, hat ihr touristisches Potential im Vergleich zu Nordtirol und Südtirol bei Weitem nicht ausgeschöpft. Heute vielleicht auch eine große Chance für eine neue, nachhaltige Form von alpinem Tourismus, den auch das Netzwerk „Berg Herz Kopf“ verfolgt, das hier seit fast 10 Jahren den Transfer der Werte des Nationalparks Hohe Tauern in Beherbergungsbetriebe und in die Gastronomie fördert – und bei dem auch das Hotel Hinteregger Vorzeigemitglied ist.

 

Bei den vielen Erneuerungen der letzten Jahre würde man nicht erahnen, dass das Haus bereits 1903 seine Türen öffnete. Katharina hat das Hotel zum 100-Jahre-Jubiläum von ihrer Mutter übernommen und führt damit die Tradition fort, dass der Ort immer durch die Hände der Frauen geführt wurde.

Hotel & Bauernhof als Symbiose

Beim gemeinsamen Abendessen lernen wir auch ihren Mann Bernd Hradecky kennen, der sich neben seiner Tierarztpraxis auch um den eigenen Bauernhof kümmert, den er in den letzten Jahren der Zeit entsprechend strukturiert und eng mit dem Hotelbetrieb verzahnt hat. Als wir mit ihm am nächsten Tag in den Stall gehen, spielen junge Katzen im Stroh, denn die Rinder sind über den Sommer auf den üppigen Almwiesen. Nur die hauseigenen Bienen sind fleißig. Deren Honig landet später mit Marmeladen und Kartoffeln im Restaurant des Hotels, bei dessen Produktion auch noch die Großeltern kräftig anpacken.

 

In den Gesprächen erschließt sich immer weiter das Ausmaß an Kreislaufdenken und ganzheitlichem Konzept, das unaufgeregt hinter den Kulissen entwickelt wurde. So ist das Haus durch die eigene Hackschnitzelanlage, die aus der Landwirtschaft gefüttert wird, kombiniert mit Photovoltaik und Solarthermie heiz- und energieautark. Das klingt völlig selbstverständlich, wenn man Katharina und Bernd zuhört, während wir die Weine auf der Karte durchprobieren. Dass diese ausschließlich von österreichischen Winzern kommen, die man persönlich kennt, erscheint dann nur noch logisch. Nachhaltigkeit ist hier kein notwendiger Auftrag, sondern integrative Leitkultur. Deshalb schwimmt man hier auch in einem Natur-Pool ohne Chemie, isst das täglich frisch gebackene Brot und genießt die lauen Sommerabende im Garten des Restaurants, dessen LED-Tischlampen aus einem Social-Impact-Projekt aus Afrika stammen. Etwas kitschig, aber geil. 

Die Ideen gehen nicht aus

Beim Frühstück sitzen wir zwischen dem Hotel und einem alten, denkmalgeschützten Gebäude, an dessen warmen Steinwänden sich Lavendel ausgebreitet hat. Während die unzähligen Bienen summen, erzählt uns Bernd noch von neuen Plänen. Das alte Nachbarhaus hat die Familie inzwischen gekauft und räuchert dort aktuell den eigenen Speck – aber nicht mehr lange. Denn schon bald sollen im historischen Gebälk außergewöhnliche Dachzimmer entstehen. Im Erdgeschoss denkt man über ein Co-Working-Konzept und multifunktionale Gemeinschaftsräume nach. Man will in die Zukunft gehen, ohne alte Traditionen und Kultur zu vergessen, weswegen man stolz darauf ist, für die lokalen Schützen Stammlokal zu sein. Aber – und das ist ihnen wichtig – das neue Gebäude soll vor allem die Handschrift der nächsten Generation, von Tochter Victoria und Sohn Max tragen, die gerade noch die Universität besuchen.

 

Der Schaffensdrang von Katharina und Bernd ist beeindruckend und ihre lokale Impulswirkung für Osttirol nicht hoch genug einzuschätzen. Es ist nicht nur Design und Marketing, die hier begeistern, es ist Herz und Hirn, was man hier an allen Ecken schmeckt und spürt. 

www.hotelhinteregger.at

(c)AnnaFichtner_Osttirol-102-min
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