Man muss kein Schwammerl sein, um diese Waldregion zu mögen.

Wir sind unterwegs im Bregenzerwald, dem letzten Stück Österreichs - vor oder hinter dem Berg, je nachdem, woher man kommt. Wobei Nacharlberg wirklich nicht gut klingt. Lieber vorwärts als rückwärts.

Unser Basislager für die Entdeckungsreise ist das Halwina Hideaway, ein alter Bauernhof, der es noch einmal wissen wollte. Hochwertig und bodenständig zugleich hat es sich nach der Totalerneuerung herausgeputzt und wartet leicht erhöht am Ortsausgang von Sibratsgfäll, wo man tagsüber mehr Kühe sieht als Autos vorbeifahren.

 

Es ist Hochsommer und überdurchschnittlich heiß. Im Halwina ist die Luft herrlich kühl und der frische Apfelstrudel, der zur süßen Begrüßung am massiven Holztisch steht, genauso lauwarm, wie wir ihn noch von Oma kennen. Im ganzen Haus dominieren regionale Hölzer und modernes Design. Eine hochwertige Mischung aus Tradition und Moderne, die hier geschaffen wurde. 

Wir trotzen der sich aufbäumenden Gemütlichkeit und brechen zu einer kleinen Abendwanderung auf die Alm oberhalb des Halwinas auf. Wir schlendern die kleine Straße entlang und bekommen einen ersten Eindruck von dieser wunderschönen Ecke der Alpen. Am Straßenrand steht das Schiefe Haus, ein lebendiger Zeuge der geologischen Kräfte im Alpenraum. Durch Hangbewegungen hat es sich bedrohlich geneigt, fast so, als würde es sich nach vorne beugen, um einen besseren Blick ins Tal zu haben. Man kann es ihm nicht verübeln.

Beim Nachbarhof spielen Kinder fröhlich mit riesigen Seifenblasen, bis sie in der Abendsonne zerplatzen. Ich hoffe, es geht ihnen später mit ihren Träumen genauso. Wenn einer platzt, einfach immer wieder neue schaffen.

Auf dem Weg zur Alm schmusen zwei Pferde und wir bekommen auch langsam Durst. Weiter oben kündigt eine aufgedrehte, im Wind tanzende Vorarlberg- Fahne das Ziel an. Auf der Wildries Alm fragen wir die omastische Gastgeberin, was auf der Speisekarte besonders gut ist. Die schmunzelnde Antwort ist “Alles” und wir glauben es ihr sofort. Es ist immer noch sehr warm und wir sind nach dem Apfelstrudel nicht wirklich hungrig, also bestellen wir die Hauswurst und den Käsesalat mit 2 kleinen Bieren aus der Region. Sie schreitet davon und ihr Dirndl verstärkt  den glockenähnlichen Gang der Gelassenheit, während sich der Himmel langsam in die zarten Farben der Aperol- Dämmerung taucht.

Gut genährt brechen wir auf und wandern durch Wald und Wiesen Richtung Westen. Die Kühe bemerken unsere Kamera und posieren elegant im Abendlicht, als hofften sie auf einen Werbevertrag. Als der Klang ihrer Glocken langsam im Hintergrund verhallt, breitet sich wieder jene wohltuende Stille aus, die den Bregenzerwald an so vielen Stellen umschmeichelt.

Weiter unten fährt ein Traktor, der gierig das in langen Reihen vorbereitete Heu schluckt und es einer Spinne gleicht, am Hinterteil mit Folie zu Energiebündel wickelt, die später den Kühen kredenzt werden, um die beste Heumilch zu produzieren.

Etwas wehmütig denke ich mir: Nicht mehr lange, und Agrar- Roboter mit künstlicher Intelligenz werden das ganz ohne Menschen erledigen. Vielleicht an Orten wie diesem in ein paar Jahren später.

Hinter den entspannten Bäumen schimmert die Abendsonne erregt hervor und kündigt ein Schauspiel an. Wie eine große gelbe Schallplatte versinkt die Sonne am Horizont und ein Schwarm Krähen setzt sich vor ihr in dramatische Szene. Richtig magisch wird die Szenarie vor allem dann, wenn man sich bewusst macht, dass nicht die Sonne untergeht, sondern wir uns mit rund 1.000 km/h von ihr entfernen. Wie klein wir doch sind und wie unwahrscheinlich es ist, dass auf dieser Kugel im Nichts so schöne Orte wie der Bregenzerwald entstehen können.

Wir sind demütig und dankbar, und schmieden auf den letzten Schritten zum Halwina schon Pläne für den nächsten Tag in diesem Paradies. Doch dazu später mehr.

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